Schmitzens Botanikseite
Das Morphologische Kabinett Knospendeckung (Aestivation)
Rechts unten Blütenknospe, links oben gerade geöffnete BlüteIn einer Blütenknospe sind alle Blütenorgane zu einem frühen Zeitpunkt fertig angelegt. Zellteilungen finden nicht mehr statt; Wachstum erfolgt nur noch durch Vergrößerung der Zellen. Das bedingt, dass die Kronblätter in der Knospe platzsparend "verpackt" werden müssen, damit sie sich nach der Öffnung der Knospe zur vollen Größe entfalten können. Die Anordnung der Kronblätter in der Knospe nennt man die Knospendeckung oder Aestivation. Häufig setzt sich die Blattstellung am Stängel einfach in der Blüte fort, so dass das unterste Kronblatt die folgenden Blätter an den Rändern überdeckt, diese wieder die nachfolgenden Blätter überdecken usw.
Es können aber auch Abweichungen auftreten. Bei der Ordnung Gentianales (Enzianartige)(Abb. links: Kleines Immergrün [Vinca minor]) sind die Kronblätter in der Knospe windradartig ineinander verdreht, d.h. ein Kronblatt wird z.B. immer links vom Nachbarblatt überdeckt, während es rechts das Nachbarblatt selbst deckt. Diese Knospendeckung nennt man contort ("verdreht") weshalb diese Ordnung früher auch als Contortae bezeichnet wurde.
Die verrückteste Knospendeckung gibt es bei Mohngewächsen (Papaveraceae) wie bei dem links abgebildeten Klatsch-Mohn (Papaver rhoeas). Die in der Knospe heranwachsenden Kronblätter werden völlig regellos gefaltet und gestaucht und sehen deshalb aus wie eine zusammengeknautschte Brottüte. Diese Knospendeckung heißt korrugativ ("gerunzelt").
Bei der links abgebildeten Blüte ist gerade eines der beiden grünen Kelchblätter durch den Druck der auswachsenden Blütenblätter abgesprengt worden. Bald wird auch das zweite Kelchblatt abfallen, so dass sich die Blüte voll entfalten kann.