Allgemeines
 

Betula pubescens s.l.

Ehemaliges Hochmoor auf dem Struffelt bei Roetgen (Eifel)

In Westdeutschland sind Hochmoore grundsätzlich baumfrei. An trockeneren Stellen kommen Zwergsträucher wie Heidel- oder Preiselbeere und Pioniergehölze wie die Moor-Birke auf. Von Natur aus finden sich solche Stellen z.B. am Randgehänge des Moors oder an Erosionsrinnen. Viel häufiger und sehr viel großflächiger sind solche Standorte durch gezielte Entwässerung des Moores entstanden. Das Bild zeigt ein typisches Beispiel aus dem Hohen Venn. Flächenhafte Vorkommen des Pfeifengrases (Molinia caerulea) sind bezeichnend für gestörte Moorflächen. Als Pflegemaßnahme wurden größeres Gesträuch und aufkommende Fichten entfernt. Deshalb stehen die Moor-Birken vorne scheinbar vereinzelt da. Am Rande des Moores im Hintergrund geht der geschlossene Moor-Birken-Wald in Eichen-Birken-Wald (Holco-Quercetum bzw. Betulo-Quercetum robori) über.

Fichtenwälder kommen von Natur aus in Westdeutschland nicht vor. Allerdings sind einige typische Arten der Strauch- und Krautschicht viel weiter verbreitet als die Fichte selbst und sind z.B. im Moor-Birken-Wald (Vaccinio uliginosi-Betuletum pubescentis) vertreten. Deshalb wird die Gesellschaft den borealen Nadelwäldern der Kl. Vaccinio-Piceetea zugeordnet. Es ist vielleicht bezeichnend, dass im Moor-Birken-Wald immer wieder Fichten aus benachbarten Forsten verwildern.

Nach Nordosten (z.B. schon ab Brandenburg) werden Moor-Birken-Wälder durch Kiefern-Moorwälder abgelöst. Deshalb wird das Vaccinio-Betuletum den bodensauren Kiefernwäldern des Verbands Dicrano-Pinion zugeordnet. Dabei werden die Moorwälder als Unterverband  Piceo-Vaccinienion uliginosi den Wäldern trockener Standorte (Dicrano-Pinenion) gegenübergestellt.
 

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Charakterarten
 
 
Betula pubescens s.l. In der Ebene zeigt die Moor-Birke (Betula pubescens) meist die typische Form, u.a. mit den fast herzförmig ausgerandeten Blättern (Betula pubescens ssp. pubescens). Im Mittelgebirge findet man häufig abweichende Formen. So soll in den Hochlagen des Rheinischen Schiefergebirges die Unterart B. p. ssp. carpatica verbreitet sein. Die oben  abgebildeten Birken (immerhin auf 450m Höhe) zeigen zwar die "krumme" Wuchsform der Karpaten-Birke, werden aber ziemlich groß, und die Blätter (links) sind nicht oder kaum ausgerandet und im unteren Drittel am breitesten, sind also intermediär ausgeprägt. 

Deshalb erscheint es nicht sinnvoll, die Unterarten pflanzensoziologisch zu differenzieren. In diesem weiteren Sinn gilt die Moor-Birke als Verbandscharakterart.

 
Vaccinium uliginosum
 
Die drei Vaccinium-Arten gelten alle als Klassencharakterarten.

Oben: Die Rauschbeere (Vaccinium uliginosum ssp. u.) ist als typische Moorpflanze gleichzeitig Differentialart des Unterverbands Piceo-Vaccinienion uliginosi. Weitere Differentialarten sind u.a. das Pfeifengras (Molinia caerulea) und der Faulbaum (Frangula alnus).

Rechts: Die Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) ist eigentlich Ordnungscharakterart der Fichtenwälder (Ordn. Piceetalia). Sie greift aber auch auf Kiefern- und Moorbirkenwälder über und wird in diesem Zusammenhang als Kennart der Klasse geführt.

Unten: Die bekannte Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) hat allenfalls ihren Schwerpunkt in borealen Nadelwäldern. Sie kommt auch in entsprechenden Laubwäldern vor, z.B. im Hainsimsen-Buchen-Wald (Luzulo-Fagetum) oder im Honiggras-Eichen-Wald (Holco-Quercetum).

Vaccinium vitis-idaea
 
Vaccinium myrtillus
 
Der Siebenstern (Trientalis europaea) ist eine ausgesprochen boreal verbreitete Art. Im Hohen Venn bzw. in den Hohen Ardennen erreicht er die Westgrenze seines Areals. Im Kontext der Moor-Birken-Wälder gilt er als Klassencharakterart.

Als Symbolpflanze des Hohen Venns ist der Siebenstern auf den Schildern abgebildet, die auf belgischer Seite die Naturschutzgebiete kennzeichnen.

Trientalis europaea

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Vorkommen
 

Das Vaccinio-Betuletum kommt nur im Zusammenhang mit Hochmooren vor, im Rheinland also vor allem im Hohen Venn und am Niederrhein. Die Rote Liste der Pflanzengesellschaften Nordrhein-Westfalens trennt nach der vorherrschenden Unterart ein "Vaccinio uliginosi-Betuletum pubescentis" der niederen Lagen von einem "Vaccinio uliginosi-Betuletum carpaticae" der Mittelgebirge. Aus den oben ausgeführten Gründen erscheint mir dies aber nicht gerechtfertigt.
 

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Ähnliche Gesellschaften
 

Betula carpatica-Sorbus aucuparia-Ges.
    
Karpaten-Birken-Blockschuttwald im Warchetal, Blick von oben und vom Fuß der Halde (unten)
     
Auf Blockschutt in kühlen, luftfeuchten Lagen, in der Regel in Nordhängen, wächst die Moor-Birke, meistens in der ssp. carpatica, in Gesellschaft der Vogelbeere (Sorbus aucuparia) und weiteren Pioniergehölzen. Rauschbeere (Vaccinium uliginosum) und andere Moorpflanzen fehlen natürlich, dafür treten Felsspaltenarten wie der Tüpfelfarn (Polypodium vulgare) und zahlreiche Flechten hinzu. Deshalb wird diese Betula pubescens (ssp. carpatica)-Sorbus aucuparia-Gesellschaft in den Unterverband Dicrano-Pinenion gestellt. Der einzige mir bekannte Fundort im Rheinland liegt im Warchetal bei Malmedy. Das liegt zwar schon in Belgien, gehörte aber zu preußischen Zeiten zur Rheinprovinz. 
Betula carpatica-Sorbus aucuparia-Ges.

 
Betula pubescens ssp. carpatica Karpaten-Birke (Betula pubescens ssp. carpatica) vom obigen Fundort.

 
Huperzia selago
 
 
Huperzia selago Auch abseits von Wäldern stellen solche Blockschutthalden Refugien für Eiszeitrelikte dar, die heute in den Alpen und in Nordeuropa typische Arten der Nadelwälder sind. Ein Beispiel ist die Teufelsklaue (Huperzia selago), die zu den Bärlappgewächsen gehört.

Oben: Blockschutthalde am Hellberg (Nahe) mit drei Horsten der Teufelsklaue.

Links: Detail.

Die wenigstens Vorkommen der Moor-Birke gehören zu eigenständigen Gesellschaften. Viel häufiger tritt sie als Begleiter in Bruchwäldern und Weidengebüschen (Kl. Alnetea) oder in Eichen-Wäldern (Kl. Querco-Fagetea, O. Quercetalia roboris) auf.
 
 

Leucobryo-Pinetum ?

Gesellschaften, die nicht nur wegen der charakteristischen Begleitflora zur Klasse Vaccinio-Piceetea gezogen, sondern wirklich von Nadelgehölzen dominiert werden, sind im Rheinland sehr selten. Fichtenwälder und die allermeisten Kiefernbestände sind künstlich angepflanzte Forste. Als natürlich gelten seit wenigen Jahren die Kiefernvorkommen auf Buntsandsteinfelsen im mittleren Rurtal (oben). Formal könnte man sie dem Weißmoos-Kiefern-Wald (Leucobryo-Pinetum) zuschlagen. Es erscheint mir aber sinnvoller, dies als besondere Variante des ansonsten standorttypischen Trauben-Eichen-Walds (Betulo-Quercetum petraeae) aufzufassen.

Ein mit Sicherheit heimisches Nadelgehölz ist der Wacholder. Ursprünglich kam er wohl auf Felsen, vor allem Schieferfelsen im Gefüge des Zwergmispel-Felsenbirnen-Gebüschs (Cotoneastro-Amelanchieretum) vor. Auf den ausgedehnten Schafweiden konnte er sich dann als "Weideunkraut" stark ausbreiten. Wacholderreiche Sukzessionsstadien nicht mehr bewirtschafteter Sandheiden wurden in Holland als Dicrano-Juniperetum communis beschrieben. OBERDORFER fasst dies lediglich als Initialstadium desWeißmoos-Kiefern-Waldes (Leucobryo-Pinetum) auf.
 

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Joachim Schmitz,  20. X. 2003
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