Allgemeines
 
Felsen sind Extremstandorte, an denen Temperatur und Wasserhaushalt stark schwanken können. Deshalb können hier nur wenige Spezialisten wachsen. Von Natur aus gibt es die meisten Felsen und Felsspalten in den Gebirgen, also in Mitteleuropa in den Alpen. Deshalb findet man die meisten Felspflanzen in den Alpen. In den Mittelgebirgen und erst recht im Flachland werden passende Standorte immer seltener und die entsprechenden Gesellschaften immer artenärmer. Unbeabsichtigt hat allerdings der Mensch durch den Bau von Häusern und Mauern eine riesige Zahl künstlicher Felsbiotope geschaffen. Einige der ursprünglich alpinen Arten haben sich hier ansiedeln und so ihr Verbreitungsgebiet erheblich erweitern können. Ein Beispiel ist die Mauerraute (Asplenium ruta-muraria), ein Farn aus der Gattung der Streifenfarne. Sein natürlicher Standort sind Spalten von Kalkfelsen; sekundär wächst er auch in Mauerfugen. Da zum Mauern fast immer kalkhaltiger Mörtel verwendet wird, kann die Mauerraute praktisch in jeder unverputzten Mauer existieren. Während die Mauerraute in den Alpen nur als Begleiter verschiedener speziellerer Felsspaltengesellschaften vorkommt, gilt er außerhalb der Alpen als Charakterart einer eigenen Gesellschaft.
    Asplenietum trichomano-rutae-murariae
    Alte Mauer mit Mauerrautenflur. Neben den bezeichnenden Farnen wächst in nährstoffreichen Fugen oft auch der Ruprechts-Storchschnabel (Geranium robertianum).

Zum Anfang der Seite
 
 
 

Charakterarten
 
 
Asplenium ruta-muraria
    Wie schon gesagt, besteht die Mauerrautenflur nur aus wenigen Arten, von denen die Mauerraute (Asplenium ruta-muraria) selbst natürlich die entscheidende Charakterart ist. Sie wächst besonders gut in alten Mauerfugen, in denen der Mörtel schon ziemlich verwittert ist. Das Bild links zeigt das Vorkommen an einem Wasserspeier des Aachener Rathauses.

 
Die formenreiche Sammelart Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes) ist eine Klassencharakterart der Felsspaltengesellschaften. In Deutschland werden mindestens drei Unterarten unterschieden, von denen aber nur zwei weit verbreitet sind. Da die Unterart A. tr. ssp. trichomanes als kalkmeidend gilt, dürfte also in der Mauerrautenflur nur die rechts abgebildete A. tr. ssp. quadrivalens vorkommen. Der Name bezieht sich darauf, dass die Zellkerne nicht -wie normal- zwei sondern vier Chromosomensätze besitzen. Wie immer bewirkt die Verdopplung des Chromosomensatzes, dass die Pflanzen in vielen Teilen kräftiger sind, z.B. in der Zahl der Fiedern, der Größe der Rhizomschuppen, der Größe der Sporen. Das einzig sichere Unterscheidungsmerkmal ist allerdings die Zahl der Chromosomen. Asplenium trichomanes ssp. quadrivalens.

Ansonsten kommen nur wenige weitere Kleinfarne in dieser Gesellschaft vor, so gelegentlich der Tüpfelfarn (Polypodium vulgare) oder sehr selten der Schriftfarn (Ceterach officinarum).

Vorkommen mit dem Zymbelkraut (Linaria cymbalaria) leiten zu einer anderen Klasse von Mauerfugengesellschaften, den Parietarietea, über, die sich nicht wie die Asplenietea von alpiner Vegetation ableiten sondern aus dem Mittelmeerraum stammen.
 

Zum Anfang der Seite
 
 
 

Vorkommen
 

Die Gesellschaft kommt überall im Bereich menschlicher Siedlung vor. Naturnahe Standorte sind dagegen selten.
 

Zum Anfang der Seite
 
 
 

Ähnliche Gesellschaften
 
 
Asplenio-Cystopteridetum fragilis
    An feuchten Mauern gesellt sich zuweilen der Zerbrechliche Blasenfarn (Cystopteris fragilis) hinzu. Solche Vorkommen können als extrem verarmte Form des Asplenio-Cystopteridetum fragilis aufgefasst werden, das in den Alpen auf feuchten Kalkfelsen wächst und dort viel mehr Arten aufweist.


Blasenfarn-Gesellschaft mit A. ruta-muraria (oben), A. trichomanes ssp. (mitte links), Cystopteris fragilis und Epilobium spec. 
 

    Entsprechende Felsspaltengesellschaften auf kalkfreiem Gestein blieben außerhalb der Alpen auf die Mittelgebirge beschränkt, da geeignete Sekundärbiotope fehlen. Gut entwickelt sind solche Vegetationstypen vor allem in den felsreichen Tälern des Rheins und seiner Zuflüsse. 

    An wärmebegünstigten Stellen, in Weinbergen, aber auch im Innern großer Städte, treten die Farne zurück und dafür Arten wie Zymbelkraut (Linaria cymbalaria), Goldlack (Erysimum cheiri) oder Löwenmäulchen (Antirrhinum majus) in den Vordergrund. Solche Artenkombinationen werden zu einer anderen Klasse, den Parietarietea, gezählt.

Zum Anfang der Seite
 
 

Für Quereinsteiger öffnet sich hier die Navigationsleiste.


Joachim Schmitz,  4.VII.2000
Alle Fotos (c) Joachim Schmitz. Alle Rechte vorbehalten
Kontakt